Was ist Timing
Unter Timing versteht man Ablaufsteuerung, Abstimmung oder Zeiteinteilung etc. So übersetzt es zumindest die Webseite webtranslate.de Doch was bedeutet Timing für eine Kampfkunst oder eine Kampfsportart? Gutes Timing soll ein ganz wichtiges Qualitätskriterium eines guten Kämpfers sein. Wie lernt man gutes Timing?
Einfach ausgedrückt bedeutet Timing, zu einem gegebenen Zeitpunkt den richtigen Ablauf zu finden. Timing bedeutet in einem Moment das passende zu machen und sich rational zu verhalten und das vernünftig passende Mittel zu wählen (oder eines der passenden Mittel zu wählen). Wichtige Begriffe sind dabei Aktionsschnelligkeit und Reaktionsschnelligkeit.
Ein guter Wing Chun Schüler sollte ohne viel nachzudenken schnellstmöglich und intelligent handeln. Mit rational meine ich aber nicht, lange darüber nachzudenken was passt, sondern konditionierte Reaktionen abzurufen.
Beispiel: Wenn mein Trainingspartner einen Fauststoß zu mir ausführt, sollte die Abwehr vom Timing her angepasst sein. Bin ich zu langsam, trifft mich der Fauststoß. Bewege ich mich zu schnell oder starte die Abwehrbewegung zu früh, kann es sein, dass sich meine Verteidigung und der Angriff im falschen Moment begegnen. Es könnte sein, dass die Bewegung meines zu früh gestarteten Tansau schon zu Ende ist und genau in diesem Moment der Kontakt mit dem Angriff geschieht. Im Tansau befindet sich keine Bewegungsenergie mehr und er ist kaum in der Lage, den Angriff abzuleiten. Das wäre ein schlechtes Beispiel für Timing.
Ich möchte meinen Partner aus Lapsau mit Paksau-Handflächenstoß angreifen. Gleichzeitig führe ich einen Vorwärtsschritt Richtung Partner aus. Der Paksao-Handflächenstoß muss gut getimed sein mit dem Schritt. Gehe ich zu früh nach vorne, ist keine Power in der Bewegung, da der Pakarm seinen Pak ohne Schrittpower ausführt. Ich werde gestoppt. Bewege ich meine Bein zu spät, kommt die Power auch nicht aus dem Schritt, sondern wieder fast nur, oder ganz, aus dem Arm. Die Bewegung wäre schlecht getimed.
Wenn mein Partner weit ausholt, könnte ich üben, schnell vorzustoßen und anzugreifen. Ich komme ihm zuvor. Mein Angriff muss sehr gut getimed sein. Starte ich zu früh, merkt es der Partner vielleicht noch und passt sich meinem Gegenangriff wieder an. Er stoppt sein Ausholen und schlägt womöglich sofort. Starte ich zu spät und der Arm, der ausholte, ist schon wieder auf dem Weg zu mir, muss ich diesen womöglich abwehren. In diesem Moment einen Angriff zu wagen ist sehr riskant.
In einem echten Kampf ist Timing daher einer der ganz wichtigen Punkte, der über Sieg und Niederlage entscheidet. Wing Chun trainiert und konditioniert das Timing des Schülers. Schnelles Vor- und Zurückweichen, Wendungen, Bein und Armtechniken koordiniert und strukturiert ausführen und dabei locker aber stabil zu sein, sind wichtige Bestandteile eines guten Wing Chun Trainings.
Timing lernen
Gutes Timing lernen bedeutet, viele Einzelübungen zu machen. Erst wenn ich durch Einzeltraining das Timing der Wing Chun Techniken länger geübt habe und ein Gefühl für meinen Körper und die Strukturen bekommen habe, kann ich zum nächsten Schritt übergehen: das Training mit Partner.
Chi Dan Sao, Lap Sao und andere Partnerübungen, mit und ohne Schritt, üben das Timing. Später kommen Chisao und freies Gosao hinzu.
Doch gutes Timing erfordert auch ein gutes Auge und viel Gefühl. Wenn ich nicht erkenne, was mein Partner macht oder wenn ich nicht spüre, welche Kräfte auf meinen Körper wirken, kann ich auch nicht reagieren. Ich verpasse den Zeitpunkt oder bin zu hektisch. Auch wenn ich zu hart und verspannt bin, kann gutes Timing nicht gelingen. Daher heisst gutes Wing Chun-Training auch immer Training am Timing.